Seit Anfang des Jahres 2015 werden SAP-Bestandskunden und –Partner von nicht nachvollziehbaren Lizenzforderungen aus Walldorf überrascht. Der Vorwurf: Indirekte Nutzung von NetWeaver Foundation for Third Party Applications. Doch was bedeutet das? Wie stelle ich als Unternehmen sicher, dass solche Überraschungen aus bleiben?

Situation

Im Laufe des letzten Jahres gab es viele Meldungen von DSAG-Mitgliedern, denen teileweise exorbitante Rechnungen wegen fehlenden Lizenzen für NetWeaver Foundation for Third Party Applications gestellt wurden. Wie die DSAG berichtet, wurden diese Rechnungen oftmals auf Verdacht verschickt und lediglich anhand der Anzahl an lizenzierten System-Usern berechnet.

Der Grund für die große Überraschung bei den Bestandskunden der SAP war hierbei, dass vielen die Existenz einer Lizenz für NetWeaver Foundation for Third Party Applications gar nicht erst bekannt war. Ursache hierfür sollen viele Änderungen der Lizenzbestimmungen in den letzten Jahren gewesen sein. Die SAP erhebt hierbei Lizenzgebühren für den Einsatz von Add-Ons, Modifikationen oder Eigenentwicklungen (z. B. Z-Funktionen), die auf der NetWeaver-Technologie basieren.

Was sagt die DSAG

In der neuesten Ausgabe des E3-Magazins wird NetWeaver Foundation for Third Party Applications, im Rahmen eines Satire-Textes, als „böses Monster“ beschrieben, das „überraschend aus den Tiefen von SAPs Preis- und Konditionenliste (PKL) aufstieg und nun Bestandskunden terrorisiert und verspeist“.

Viele Bestandskunden erhielten Nachforderungen von Lizenzgebühren in enormen Höhen. Doch woher kommen diese Kosten? Ganz einfach:

In der PKL gibt es zwei Lizenzmodelle für NetWeaver Foundation for Third Party Applications.

Da sich die Anzahl der verwendeten CPU Kerne eines Unternehmens schwer schätzen lässt, berechnet die SAP also für alle Benutzer, die auf dem System agieren, die zusätzlichen Lizenzgebühren für NetWeaver Foundation for Third Party Applications. Verwunderlich ist jedoch, woher die SAP zu wissen glaubt dass eine „indirekte Nutzung vorliegt“. Denn durch eine klassische Lizenzvermessung lässt sich diese zunächst nicht feststellen.

SAP_Kosten_indirekte_Nutzung

Das sagt die SAP

Die SAP selbst gab im Rahmen der Gespräche mit der DSAG Definitionen für alle Begrifflichkeiten bekannt, die bei „indirekter Nutzung“ wichtig sind.

Hierbei handelt es sich um eine Lizenz, mit der der Auftraggeber alle Funktionen von SAP NetWeaver Foundation ausschließlich in Verbindung mit der erworbenen SAP-Software, Add-ons oder Modifikationen, die nicht direkt auf die SAP-Datenbank oder die auf dieser enthaltenen Informationen zugreifen, nutzen kann. Die vollständige Definition finden Sie hier.

Mit diesem Nutzungsrecht ist der Auftraggeber dazu berechtigt zusätzlich alle Funktionen der NetWeaver Foundation for Third Party Applications in Verbindung mit der erworbenen SAP-Software zu verwenden, die direkt auf die SAP-Datenbank oder auf dieser enthaltene Informationen zugreifen. Die Wahl eines der oben erwähnten Lizenzmodelle ist dabei zwingend notwendig. Die vollständige Definition finden Sie hier.

Dies ist ein definierter User zur Nutzung der erworbenen Software über separate SAP-, Partner- oder auftraggebereigene Anwendungen, die über Programmier-Schnittstellen an die SAP-Software angebunden ist. Die vollständige Definition finden Sie hier.

Dieser User ermöglicht den Zugriff auf die erworbene Software über eine oder mehrere Productivity App(s). Die vollständige Definition finden Sie hier.

API bezeichnet ein Interface oder anderes Coding, das anderen Softwareprodukten ermöglicht mit der SAP-Software zu kommunzieren.

Add-ons sind Entwicklungen, die keine Modifikationen darstellen, APIs benutzen und neue, unabhängige Funktionen hinzufügen.

Als Modifikationen bezeichnet man Entwicklungen, die den ausgelieferten Quellcode oder die Metadaten verändern. Diese fügen allerdings keine neuen Funktionalitäten hinzu sondern verändern lediglich bestehende. Customizing und Parametrisierung werden nicht als Modifikation bezeichnet.

 

Verhandlungen zwischen DSAG und SAP

Die DSAG selbst hat aufgrund der immer lauter werdenden Stimmen Ihrer Mitglieder das direkte Gespräch mit der SAP gesucht und versucht herauszufinden, was hinter der fragwürdigen Vertriebsaktion steckt. Die SAP zeigte sich hier sehr kooperativ und einigte sich mit der DSAG, neben einer Sensibilisierung der Vertriebsmitarbeiter, auf eine Neudefinition der Lizenz und der Nutzungsrechte für NetWeaver Foundation for Third Party Applications für Neuverträge.

Doch der größte Teil der Nachforderungen stammt nicht aus Neuverträgen sondern aus Add-Ons und Modifikationen, die Jahre lang als „lizenzfrei“ benutzt wurden. Auch hier versicherte die SAP entsprechende Rückrechnungen für Bestandskunden genau zu prüfen und partnerschaftlich zu agieren.

Fazit

Wie sich die Vertriebspolitik der SAP in Bezug auf indirekte Nutzung von NetWeaver Foundation for Third Party Applications ändern wird, oder eben nicht, bleibt abzuwarten. Die Gespräche zwischen DSAG und SAP sind in jedem Fall der richtige Schritt einen offenen Dialog zu führen und auf die Probleme der SAP-Gemeinschaft aufmerksam zu machen.