Materialbewertung in SAP

Nach Handles- und Steuerrecht soll die Materialbewertung den Nachweis über den Verbleib der am Lager geführten Materialien erbringen. Daneben sind auch die Zu- und Abgänge der Materialien sowie die Bestände für Buchhaltung, Kostenrechnung, Kalkulation und Statistiken zu erfassen.

Im Rahmen der Materialbewertung werden Materialien nicht nur mengen- sondern auch wertmäßig erfasst. In der Regel werden die Materialien zu unterschiedlichen Zeitpunkten eingekauft und gefertigt und damit auch zu unterschiedlichen Preisen.

Es ist daher notwendig, die Materialien im Unternehmen zu einem festen Zeitpunkt und nach offiziell zugelassenen Bewertungsverfahren zu bewerten.

Bilanzbewertung als Aufgabe der Materialbewertung (SAP MM-IM-VP)

Neben der Anpassung der Materialpreise an die Marktpreise und der Umbewertung von Materialien zählt auch die Bilanzbewertung zu den Aufgaben der Materialbewertung.

In der Bilanzbewertung werden Materialpreise zur anschließenden Nutzung in externen oder internen Bilanzen berechnet. Für diesen Zweck bietet das SAP-System verschiedene Techniken der Bilanzbewertung:

  • Niederstwertermittlung
  • LIFO-Verfahren
  • FIFO-Verfahren

Welches der Verfahren im Unternehmen letztendlich angewendet wird, hängt zunächst von den landesspezifischen Steuer- und Handelsgesetzen ab.

Verfahren, die rechtlich erlaubt aber nicht vorgeschrieben sind, können nach firmeninternen Erfahrungen variieren.

Je nach Branche, firmenpolitischen Zielen, Landesinflationsraten, etc. kann es hier zu unterschiedlichen Entscheidungen über das jeweils eingesetzte Verfahren kommen.

Beim LIFO-Verfahren (Last in, first out) wird angenommen, dass das zuletzt zugegangene Material zuerst verbraucht wird. Das heißt für ältere Bestände erfolgt keine Wertänderung, wenn ein neuer Bestand zugeht oder verbraucht wird. Steigende Bestände führen also nicht zu einer Überbewertung älterer Bestände, ein Aufbau von Scheingewinnen wird somit verhindert.

Mit Hilfe der LIFO-bewertung können die Materialien für unterschiedliche Bestandzuwächse differenziert betrachtet werden. Ferner kann ein Zuwachs für eine Abrechnungsperiode nach unterschiedlichen Preisen bewertet werden. Für die Berechnung des Zuwachses pro Abrechnungsperiode sind verschiedenen Techniken möglich.

Beim FIFO-Verfahren (First in, first out) wird davon ausgegangen, dass bei einem Material das zuerst eingegangene auch zuerst verbraucht wird. Die Berechnung des Bestandswerts orientiert sich somit an den zuletzt eingegangenen Zugängen.

Dadurch werden die Bestände eines Materials möglichst realistisch betrachtet. Bei der Verwendung des FIFO-Verfahrens sind verschiedene Arten möglich. Bei der Durchführung der FIFO-Bewertung ermittelt das SAP-System den FIFO-Wert und die Differenz zum Bestandswert und zeigt die Werte für eine ausgewählte Periode an.

 

Materialbewertung in SAP: Werks- und Buchungskreisebene

Bevor Sie die beschriebenen Verfahren der Materialbewertung in SAP verwenden können, müssen einige Festlegungen im System erfolgen. So muss bei beiden Verfahren muss zunächst die Bewertungsebene im System festgelegt werden.

Der Bewertungskreis bzw. die Bewertungsebene ist die Organisationseinheit im SAP-System, in der die Materialien bewertet werden. Hier wird zwischen der Bewertung auf Buchungskreis- und auf Werksebene unterschieden.

Die Materialbewertung in SAP erfolgt grundsätzlich auf den Bewertungsebenen Buchungskreis oder Werk.

Bewertung auf Buchungskreisebene

Dient der Buchungskreis als Bewertungsebene, dann werden alle Bestände des Buchungskreises einheitlich bewertet.

Die Bestände aller Bewertungskreise des Buchungskreises werden für jedes Material sowohl nach dem LIFO- als auch dem FIFO-Verfahren zusammen bewertet. Für jedes Material ergibt sich damit in all diesen Bewertungskreisen der gleiche Preis.

Bewertung auf Werksebene

Wird hingegen das Werk als Bewertungsebene gewählt, dann wird der im jeweiligen Werk vorhandene Bestand getrennt von Beständen anderer Werken bewertet.

Für jedes Material werden in diesem Fall die Bestände in den verschiedenen Bewertungskreisen unterhalb der Buchungskreisebene bewertet. In den einzelnen Bewertungskreisen desselben Buchungskreises können sich damit für ein Material unterschiedliche Preise ergeben.

Auswirkungen der Wahl der Bewertungsebene

Die Wahl der Bewertungsebene in SAP hat sowohl Auswirkungen auf die Pflege der Materialstammsätze als auch auf die Sachkonten, auf denen die Materialbestände geführt werden.

Findet die Materialbewertung auf Buchungskreisebene statt, werden alle Werksbestände eines Materials auf einem gemeinsamen Bestandskonto pro Buchungskreis geführt.

Findet die Materialbewertung auf Werksebene statt, können die Materialbestände der einzelnen Werke auf unterschiedlichen Konten geführt werden, für jedes Werk kann eine eigene Kontofindung definiert werden.

Nachträgliche Umstellung der LIFO/FIFO Bewertung von Werks- auf Buchungskreisebene

Die Materialbewertung auf Buchungskreisebene hat zur Folge, dass auch die  LIFO/ FIFO-Bewertung nur auf Buchungskreisebene möglich ist.

Erfolgt jedoch die Materialbewertung auf Werksebene, dann kann die FIFO Bewertung auch noch im Nachhinein von Werks- auf Buchungskreisebene dauerhaft umgestellt werden.

Zur Durchführung der dauerhaften Umstellung stellt SAP den Report RMLIFO44 zur Verfügung.
Dieser Standardreport ist nicht zur generellen Anwendung freigegeben. Seine Ausführung wird durch eine Fehlermeldung verhindert.

Erfahrungsgemäß sind im Zuge der Umstellung weitere Anpassungen im Coding notwendig. Die Ausführung des Reports führt im Wesentlichen dazu, dass in speziellen Tabellen (MYMLM, MYPL, MYPLM, MYMP, MYMP1, MYMS, MYML) bereits vorhandene FIFO/LIFO-Bewertungsdaten der einzelnen Werke auf Buchungskreisebene aggregiert werden, sowie die alten Tabelleneinträge auf Werksebene gelöscht werden.

Nach der Umstellung werden neue LIFO/FIFO-Bewertungsdaten nur noch auf Buchungskreisebene gebildet.